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Sonntag, 31. März 2013

DQ & SP Detailkritik (6)



Lesen Sie heute, was Jens Jürgen Korff zum fünften Kapitel des „Don Quijote & Sancho Pansa“ im Einzelnen zu sagen hat!




Der Inhalt in Kurzfassung: 

JJK's Kommentare:


Zum 5. Kapitel: Die seltsamen Schleifen des Seins

116: Die seltsamen Schleifen im modernen politischen Leben: Die Rolle der Medien geht dabei weit über die eines Vermittlers hinaus. Die Medien verfolgen eigene Interessen – und sei es nur das Interesse, mit dramatisierten Meldungen den eigenen Absatz anzukurbeln. Die Journalisten haben diese Rolle, die sie im Auftrag ihrer Verleger spielen, vollkommen verinnerlicht. Und so beeinflussen die Medien Politiker und Bürger gleichermaßen in ihrem Sinne.
117: Der Vergleich mit dem Möbiusband gefällt mir sehr gut! Allerdings hätte eigentlich DQ darauf kommen müssen, schließlich ist er in dem Gespann für Kunst zuständig. Schon alleine, weil Künstler eine ähnlich brotlose Existenz fristen wie Philosophen. Das ist auch ein schönes Beispiel dafür, wie „nutzlose“ und „wirkungslose“ Kunst den Erkenntnis­fortschritt der Menschheit voranbringen kann.
Auch schön: die Anweisung der Eltern und das Spiel von Depressionen und fehlendem Sinn im Leben.
Die Frage, ob das Ei oder die Henne zuerst da war, ist meines Wissens geklärt, seit wir von der Evolution der Arten wissen: Da sich die Vögel aus den Reptilien entwickelt haben, muss das erste Vogelei von einem Reptil gelegt worden seien. Es war also eindeutig das Ei, jedenfalls das Vogelei, zuerst da. Die entscheidende Mutation zum Vogel fand während der Bildung des Eies statt.
118: Sanchos Satz »Je reicher wir werden, desto ärmer werden wir« und das weiter unten erwähnte Barbier-Paradoxon haben, wie mir scheint, etwas Wichtiges gemeinsam: Es sind beides Sprachspiele. Die Paradoxa kommen erst durch den fragwürdigen Sprachgebrauch in den Sätzen zu Stande. Im Satz über Reichtum und Armut ist das Wort »Wir« irreführend. In Ausbeutungsgesellschaften ist es zum Beispiel ganz normal und folgerichtig, dass die Reichen immer reicher und die Armen zugleich immer ärmer werden, eben durch die Ausbeutung. Das gilt aber letztlich auch, etwas abgeschwächt, für Gesellschaften wie unsere, in denen die Reichen viel schneller reicher werden als die Armen wohlhabender. Paradox wird es erst, wenn man Reiche und Arme zu einem falschen Wir-Kollektiv zusammenfasst.
Nun will ich Kurt Gödel ja nicht zu nahe treten, aber in seinem Barbier-Paradox scheint mir ein ähnliches Sprachprobleme vorzuliegen. In der Praxis rasiert der Barbier sich selbst und alle diejenigen, die sich nicht selbst rasieren. In dieser Form dürfte das System weder widersprüchlich noch unvollständig sein.
119: Komplexe Themen weisen Selbstorganisation und Komplexität auf, die mit linearen Wirkungsketten nicht zu erklären sind. Den Satz werde ich mir hoffentlich merken.
Im Folgenden beginnt ein merkwürdiger Rollentausch, der auf Seite 121 auch Sancho auffällt: Don Quijote übernimmt die Rolle eines wild gewordenen Wissenschaftlers, der sich einbildet, alle Ereignisse berechnen zu können. Das ist doch gerade der Irrtum vieler Wissenschaftler gewesen, oder zumindest doch vieler Wissenschaftsgläubiger. Was hat diese Vorstellung im Kopf eines skeptischen Philosophen zu suchen?
120: SP ahnt die Komplexität des Menschen und sagt ganz nebenbei, unser Immunsystem sei noch weitgehend unerforscht. Hoppla, das wirft doch allerlei Fragen auf! Könnte es sein, dass das der Grund dafür ist, dass die Wirkung homöopathischer Arzneimittel auf unser Immunsystem bis heute noch nicht wissenschaftlich nachgewiesen ist? Um sie nachweisen zu können, müsste man halt etwas mehr von unserem Immunsystem verstehen.
Wie kommt es, dass ausgerechnet das Immunsystem, also etwas, das wirklich über Leben und Tod entscheidet, so schlecht erforscht ist? Könnte das damit zusammen­hängen, dass die Mediziner jahrzehntelang versucht haben, das Immunsystem durch Arzneimittel zu ersetzen? Und dass sie das Eigenleben des Immunsystems dabei eher gestört hat?
Ist das nicht ein weiterer Fall von Wissenschaftlern, die, fixiert auf einfache Ursache-Wirkungs-Ketten, die sie am liebsten wie Werkzeuge bedienen möchten, den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen? Abgesehen von den wirtschaftlichen Interessen der Pharma-Unternehmen, die dahinter stecken mögen. Wer mit der Heilung von Krankheiten Geld verdient, kann kein Interesse daran haben, dass die Menschen von alleine gesund werden.
»Das zentrale Problem der Komplexität ist nicht die schiere Menge der System­komponenten, sondern sind die verdeckten Rückkopplungen, die verborgenen Strukturen und Beziehungen.« Gut gesagt!
122: SP fragt ganz zu recht: Warum gibt es keine Evolutionsphilosophie? Er mahnt zu recht den Beitrag der Philosophie zur Komplexitätsforschung an. DQ antwortet leider nicht. Hier wäre ja zu untersuchen, inwiefern die Philosophie der Plurale (die so genannte post­moderne Philosophie: Foucault, Derrida, Lyotard, Barthes u.a., aber auch Luhmann) genau das ist. Leider ist sie ähnlich schwer verständlich wie die Quantenphysik.
125: Ach, da kommt er ja: Niklas Luhmann. SP verscheucht ihn aber gleich wieder, indem er ihn und seine Themen dem »Uferlosen« zurechnet.
DQ stellt am Ende dieses Dialogs fest: »Kausalität und Komplexität - Ursache und Wirkung bedingen sich nicht zwangsläufig.« Hier sagt er (was er Autor sicher weiß) das Gegenteil von dem, was er auf Seite 114 gesagt hat, dort als Fazit zum Kapitel Ursache und Wirkung. DQ könnte doch durchaus die Weiterentwicklung seines eigenen Standpunktes selbst zur Kenntnis nehmen. Einmal mehr ist er hier dümmer, als die Polizei erlaubt.
129: Jaja, die Kausalkettenneurose, die unser Denken beherrscht und unsere Inter­pretation der Wirklichkeit häufig verzerrt. Sie beherrscht aber auch das Denken vieler Wissenschaftler!
130: »Wir leihen Staaten Geld, damit sie Waffen bei uns kaufen können, damit wir Geld zum Verleihen bekommen.« Hier stiftet wiederum der falsche Gebrauch des Wortes »Wir« Verwirrung. Der Sinn wird schnell verständlich, wenn man es ersetzt: Deutsche Banken leihen anderen Staaten Geld, damit sie Waffen bei deutschen Rüstungskonzernen kaufen können, damit diese ihre Profite bei deutschen Banken abliefern können. Wo ist das Verständnisproblem?
Don Quichotes Interpretation »Ich denke, also werde ich« könnte geistreicher und weiser sein, als dem Autor bewusst ist. Dass Sancho Pansa sich am Ende dieses Artikels wiederum zum Lehrer aufschwingt und seinen Herrn Don Quijote zum Schüler degradiert, stellt eine fragwürdige Wendung des Gespräches dar. Immerhin passt es als Überleitung zum großen Streit, der im nächsten Kapitel ausbricht. Don Quichote hat endlich gemerkt, dass in den Gesprächen etwas permanent schief läuft.

Fortsetzung folgt.
Jens Jürgen Korff
September 2012

 

 


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