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Montag, 2. Februar 2015

Erste Amazon-Rezension von "E=mc², Physik für Höhlenmenschen"


Hans-Jürgen Caspar schreibt über "E=mc^2": „Originell im Ansatz, ist lehrreich und regt vielfach zum Nachdenken an


Hier der volle Wortlaut:

Das Buch ist interessant und anregend geschrieben. Das vorangegangene Werk desselben Autors: "1+1=10, Mathematik für Höhlenmenschen" liefert mathematische Grundlagen für ein tiefer gehendes Verständnis, doch kann man "E=mc², Physik für Höhlenmenschen" auch unabhängig davon lesen. Wer sich nicht mit Funktionen, Differentialgleichungen und Integralen auskennt, muß nicht jede Einzelheit selber nachrechnen; spannend und informativ bleibt es allemal.

Das literarische Konzept von "E=mc², ..." besteht darin, daß ein paar fiktive Personen bereits vor zehntausend Jahren physikalische Erscheinungen erklären, Gesetze entdecken und nutzbringend anwenden können. Dazu sind bei einer von ihnen "prophetische" Eigenschaften notwendig, während eine andere Zeitreisen unternimmt und es dafür "Zukunftskollegs" gibt.

Jürgen Beetz besitzt eine pädagogische Ader, die er vielleicht von einem seiner Vorfahren geerbt hat. Dieser schrieb wenige Jahre vor dem annus mirabilis, dem "wundersamen Jahr" 1905, in dem Albert Einstein vier bahnbrechende Arbeiten veröffentlichte, ein Physikbuch, das den Forschungsstand bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wiedergibt und in Faksimile auch bei Amazon angeboten wird (http://www.amazon.de/Leitfaden-Physik-W-von-Beetz/dp/3955622878/). Auch Sprachliebhabern kommt der Autor entgegen. Als ehemaliger Schüler eines berühmten Hamburger Gymnasiums humanistisch gebildet, erklärt er oft die Herkunft von Fachbegriffen aus dem Griechischen und Lateinischen.

Als unnötig empfinde ich gelegentliche Spitzen in dem Buch gegen die Religion. Bei ihnen wird übersehen, daß zum Beispiel Planck und Heisenberg gläubig waren, ebenso Newton, der einen großen Teil seines Lebens dem Studium der Bibel widmete, sowie Pascal, Mathematiker und Physiker, dem zu Ehren eine Computersprache benannt wurde. Erst gegen Ende des Buches, unten auf Seite 297, legt Beetz seiner Protagonistin Worte über den Glauben in den Mund, denen auch ich zustimmen kann (abgesehen davon, daß bei ihnen von Göttern, Mehrzahl, die Rede ist). Ihnen wird in einer Weise widersprochen, die erkennen läßt, daß der Sprecher nicht weiß, was Gläubige wirklich bewegt und welche Wunschvorstellungen sie haben.

Zur Auflockerung enthält das Buch, wie es in der Einleitung heißt, "unterhaltsame Geschichten" über die "Höhlenmenschen". Bei vielen ihrer Gespräche ist der Umgangston eher rauh als herzlich. Ironische, zum Teil beleidigende Bemerkungen, die wohl witzig sein sollen, bilden einen Kontrast zu dem sonstigen, sehr sachlichen Inhalt des Buches.

Die behandelten Themen, welche man sonst nicht in einem Buch zusammen findet, sind weit gefächert. Sie reichen von der Definition der Tonintervalle in der europäischen Musik bis hin zur Unabdingbarkeit der erdmagnetischen Feldes und des Mondes für unser Überleben und zu der Frage, wie das Wasser auf die Erde kam.

In dem Kapitel über die Mikrowelt, d. h. die Atome und deren Unterteile, wird hervorgehoben und durch Zitate führender Theoretiker belegt, daß es in ihr Geheimnisvolles, ja Unverständliches gibt. Der Autor drückt es so aus, daß sich über manches ein "verwirrender Schleier der Unerklärlichkeit" breitet. Zu den Seltsamkeiten in dem Buch gehört für mich auf Seite 195 der Satz: "Ein Elektron kann sich gleichzeitig rechtsherum und linksherum um den Atomkern drehen." Ich frage mich: dreht es sich dann überhaupt, oder steht es nicht vielmehr still? Oder halbiert es sich etwa dabei? (Nicht ganz ernst gemeint.) Und was heißt in diesem Zusammenhang eigentlich "gleichzeitig", gleichzeitig womit?

Auch im Makrokosmos, dem Weltall oder Universum, kündigt Beetz "Dinge" an, "die schwer bis unmöglich zu verstehen sind." Zu ihnen gehört nicht die Frage, wie schwer die Erde ist, genauer: welche Masse sie hat. Diese läßt sich überraschend einfach berechnen, was heutzutage sogar zum Schulstoff gehört. Hierbei verwechselt der Autor die Reihenfolge: nicht die mittlere Dichte der Erde wird zuerst berechnet und dann ihre Masse, sondern es ist umgekehrt.

Auf Seite 216 steht und wird woanders mehrfach wiederholt: "Die Naturgesetze gelten immer und überall." Woher weiß man das, was macht einen sicher, daß es so ist? Nur bei der Fußnote 280 wird bemerkt, daß es sich hierbei um eine unbeweisbare Annahme handelt. An anderer Stelle las ich: "Alles in der Physik hat einen Anfang und ein Ende." Auch hier kann man fragen: Wieso das? Beide Behauptungen klingen dogmatisch und müssen nicht stimmen. Wie schreibt der Autor doch so schön am Ende seiner Einleitung?: "Und bleiben Sie kritisch mit wachem Verstand. Nicht alles, was gedruckt ist, ist auch wahr."

Das Buch enthält viele Informationen in Form von Zahlen- und Größenangaben und Tabellen, und es beeindruckt mit anschaulichen Vergleichen aus der Mikro- und Makrowelt. Man kann es sehr gut auch als Nachschlagewerk verwenden. Weiter auf Details sowie auf den noch nicht kommentierten weltanschaulich-philosophischen Teil hier näher einzugehen, würde den Rahmen dieser Besprechung sprengen.

Das ausgedehnte Literaturverzeichnis ist vorbildlich, ebenso die Ausstattung des in einem renommierten Wissenschaftsverlag erschienenen Buches. Der Preis ist angenehm moderat, und so bin ich froh, es gekauft zu haben. Trotz meiner Kritikpunkte vergebe ich 5 Sterne.

 

2 Kommentare:

  1. Herzlichen Glückwunsch, Jürgen! Möge es helfen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen!

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    1. Ja, vielleicht ... Dafür ist das Kapitel 11 da: "Physik und Metaphysik"

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